Meinungsfreiheit versus Persönlichkeitsrecht

Marianne Esders

Am 18. Juli 2022 gab es am Lüneburger Amtsgericht eine interessante und wichtige Verhandlung. Im Juli 2020 kam es in Lüneburg zu einer Hausbesetzung eines leerstehenden Universitätsgebäudes, bei der Ratsherr und Antifaschist Christoph Podstawa (DIE LINKE) auf den AfD-Ratsherren und Polizisten Neumann traf. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung und nach einem Handgemenge, bei dem auch ein Schlagstock zum Einsatz kam, bezeichnete Podstawa den AfD-Funktionär als "Nazi von der AfD" und als "Rassisten", woraufhin dieser Anzeige gegen Podstawa erstattete.

Der zuständige Richter urteilte nun, dass, auch wenn die Staatsanwaltschaft in diesem Fall eindeutig eine zu verurteilende Schmähkritik ausmachen wolle, hier eine Abwägung zwischen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts und Meinungsfreiheit vorzunehmen sei. Da in den Aussagen Podstawas in der konkreten Situation und in einem von ihm verfassten Text, der auf der Webseite der Partei DIE LINKE veröffentlicht worden war, der Sachbezug, das heißt der Bezug zur Tätigkeit des Klägers für eine durch den Verfassungsschutz unter Beobachtung stehenden Organisation mit einer dem rechten Spektrum zuzuordnenden Ausrichtung auszumachen sei, handele es sich bei den Aussagen Podstawas nicht um eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Neumanns, sondern um Äußerungen mit klarem Sachbezug, für die somit die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit als Wertungsrahmen überwiege.

Fazit: Die in der konkreten Situation geäußerte Kritik war so zulässig. Freispruch in allen Anklagepunkten. Rassisten und Nazis von der AfD dürfen als solche  benannt werden.