Antrag+++ Kommunaler Schlachthof im Kreis Lüneburg - Mittel für ein Gutachten einstellen

Markus Graff, Fraktionsvorsitzender
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Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen und zu berichten, inwieweit ein kommunaler Schlachthof im Landkreis Lüneburg etabliert werden kann. Sollte ein externes Gutachten benötigt werden, so sind die entsprechenden Mittel in den Haushalt 2021 einzustellen. Eine Behandlung im zuständigen Fachausschuss ist gewünscht.

Begründung: Der jüngste Skandal um das größte Schlachtunternehmen Europas mit Sitz im westfälischen Rheda-Wiedenbrück und die vorübergehende Stilllegung des gesamten Werkes haben zu massiven Problemen bei den Landwirten geführt. Aufgrund fehlender regionaler Schlachthöfe sind diese auf Großschlachtbetriebe angewiesen. Die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Zentralisierung der Schlachthöfe hat zahlreiche weitere negative Konsequenzen nach sich gezogen. So bedeuten längere Transportwege nicht nur mehr Stress für die Tiere, sondern einen höheren Aufwand und damit Kosten für den Transport, den die Landwirte zu tragen haben. In Folge dessen wird auch die Tierhaltung immer weiter zentralisiert, weil diese regional aufgrund zu weiter Transportwege nicht mehr darstellbar ist. Das wiederum läuft diametral dem entgegen, was die Gesellschaft einfordert: Artgerechte Tierhaltung, kurze Transportwege und eine schonende Schlachtung. Mehrere Studien belegen, dass das Tierwohl und die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und Hygienevorschriften mit zunehmender Größe von Schlachthöfen abnehmen. Eine kommunale Trägerschaft böte eine bessere Kontrollierbarkeit und würde unmittelbar dem Verbraucherschutz dienen. Die Forderung nach einer zentralen Schlachtstätte für die Region, die idealerweise von der Kommune betrieben wird, zielt daher in die richtige Richtung: Lüneburg braucht wieder einen kommunalen Schlachthof. Zwischen den 1870er- und 1970er-Jahren hatten wir in Deutschland schon einmal eine Phase der kommunalen Vieh- und Schlachthöfe; danach setzte eine massive Privatisierungswelle ein. Die heutigen Zustände in der industriellen Fleischproduktion sind letztlich genau auf diese Entstaatlichung zurückzuführen. Konkret bedeutete das die Schaffung eines prekären Niedriglohnsektors mit komplexen Subunternehmerstrukturen und die Ausbeutung von Arbeitskräften über Werkverträge und Leiharbeit. Damit diese Missstände in den Blick einer breiteren Öffentlichkeit kamen, mussten sich im Frühjahr erst Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter in Schlachthöfen mit Corona infizieren. Ein Blick in andere Kommunen zeigt: Ein kommunaler Schlachthof ist eine sehr zeitgemäße Idee. In Bayern werden gerade mehrere kommunale Schlachthöfe wiedereröffnet, in Frankfurt am Main wird ebenfalls die Möglichkeit einer Neugründung geprüft.