Warum aktive Solidarität mit den Tarifkämpfer*innen im Öffentlichen Dienst jetzt für uns alle so wichtig ist

Demonstration der Streikenden im Öffentlichen Dienst am 21.10.2020 ab 10:00 Uhr Liebesgrund, 11:00 – 12:30 Uhr am Sande

 

Unser Oberbürgermeister Mädge fährt als Verhandlungsführer des VKA , also für 2.000 kommunale Arbeitgeber, einen knallharten Kurs: Klatsche statt klatschen! Schluss mit Lob für Systemrelevanz. Er beleidigt die Beschäftigten bis über die 2. Verhandlungsrunde hinaus zunächst mit einer beinharten Nullrunde. Die soll auch noch 30 Monate lang gelten und nun mit je 1 % 2021 + 2022, 1,5 % 2023. Zudem will der VKA in bestimmten Sektoren Eingruppierungen ändern, die ein derbes Minus für die dort Beschäftigten bedeuten würden: im kommunalen Ordnungsdienst hieße dies bis zu 1.000 € weniger pro Monat, bei Reinigungskräften 631 € weniger, bei der Verwaltung 834 €, bei Erzieher*innen bis zu 400 € usw. Ginge es nach Mädge, bekämen die 2,3 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst über die Jahre eine echte Reallohnminderung!

MENSCHEN WERDEN NICHT UNTERVERSORGT, WEIL PFLEGEKRÄFTE STREIKEN

PFLEGEKRÄFTE STREIKEN, WEIL MENSCHEN UNTERVERSORGT WERDEN!

Ausnahme: die Löhne im Krankenhaus. Die könnten – wird jetzt ausreichend gestreikt – auf einen Lohnzuwachs von bis zu 300 € zusätzlich zu den von verdi geforderten 4,8 % - also von sagenhaften 10 % hinauslaufen. Besonderheit: diese Lohnerhöhungen sind bereits gesetzlich refinanziert – belasten also überhaupt nicht das knappe kommunale Budget. Nach dem aktuellen Vorschlag der

Arbeitgeber bekämen nur Pflegekräfte in den Intensivstationen eine nennenswerte Erhöhung, alle anderen nur ca. 50 € - statt mehreren hundert Euro mehr!

Wann haben wir solch eine Forderung „10 % mehr!“ zuletzt gesehen? In den 70er Jahren! Was mit Einbruch des Neoliberalismus in den 80er Jahren mit den Glaubenssätzen „Deregulierung – Flexibilisierung – Privatisierung – Schlanker Staat“ begann, wirkt sich seit den 90er Jahren wie eine Herzstillstandslinie auf die Reallohnsteigerung aus. Massiv verstärkt  durch den Verrat der Schröder-SPD an den Lohnabhängigen. Der setzte das Märchen von Kohl „Es ist kein Geld mehr da!“ erst so richtig um, indem er den Vertrauensvorschuss der Sozialdemokratie dazu missbrauchte, „Lohnverzicht“ bis in die Gewerkschaften hinein zu verankern. So konnte Schröder sich 2004 brüsten, „den größten Niedriglohnsektor in Europa“ geschaffen zu haben. Dies nach dem Ende der Systemkonfrontation, als der Kapitalismus seine Maske der „Sozialpartnerschaft“ längst fallen gelassen hatte und seinem knallharten Kerngeschäft bereits ohne nennenswerten Widerstand nachging: Gewinn aus der Ausbeutung von Arbeitskraft und Natur zu ziehen.  

Was heißt das für uns, die diesen Reichtum tatsächlich produzieren? Wir gehen allesamt immer öfter leer aus! Die Kassen der Kommunen sind so geplündert wie nie, unsere Infrastruktur wie alle sozialen Einrichtungen verfallen seit Jahrzehnten auf Minimalismus-Niveau

– unsere Lebensqualität, unser gesellschaftlicher Zusammenhalt, unsere demokratische Teilhabe ebenso.

Warum ist das so bei solch krasser Steigerung der Produktivität und der Ansammlung unfassbarer Vermögen in den Händen weniger? Eine Umfrage vor einem Jahr zeigt: die Bevölkerung hat den Neoliberalismus satt! Sie will wieder ihre sozialen und Menschenrechte in einem sozialen Staat garantiert bekommen, der seine Pflicht zur Sicherung der Daseinsvorsorge ernst nimmt.

Geld ist genug da! In der Bankenkrise 2008/2009 tauchten plötzlich Milliarden auf für die Kapitalsicherung der Vermögenden. Geld aus Quellen neben den Steuergeldern, die uns gar nicht bekannt waren. Nun ist in der Corona-Krise schon wieder unfassbar viel Geld da. Diesmal vor allem um Konzerne direkt oder indirekt mit Kurzarbeitergeld zu stützen, damit diese nicht an ihre Milliardenreserven gehen müssen. Aber wir „unteren 50%“, wir alle haben keine Reserven, wir sollen jetzt die falsche Verteilung unseres Anteils an den staatliche Geldern nochmal obendrauf zahlen? Warum sollten wir dies tun, nachdem Schäuble und Scholz uns all die Jahre mit ihrem absurden Narrativ der „Schwarzen Null“ traktiert und verarmt haben. Und nun stellt sich heraus: Staatsschulden sind gar keine „echten“ Schulden, sie machen in diesem Jahrzehnt überhaupt gar nichts Negatives. Kein Ökonom kann nachweisen, dass mehr als 90 % Staatsverschuldung zwingend zu Inflation, Kapitalflucht und Währungsverfall führen. Aber Geld über die Zentralbank in Umlauf zu bringen, um alles Notwendige zu finanzieren, was die Menschen an Daseinsvorsorge brauchen, das geht!

Um Krankenhäuser wieder aus den katastrophalen Folgen der Kommerzialisierung zu holen, um in massenhaft sinnvolle Arbeitsplätze zur Bewältigung der umfassenden Krisen zu

investieren. Dass dies auch so herum möglich ist, wurde uns gerade vom Staat mit seinen Krisen-Ausschüttungen von unten nach oben bewiesen! Es liegt nur an uns zu sagen: jetzt geht es andersherum, jetzt wollen wir unser Geld zurück! Von oben nach unten! Jetzt ist es an der Zeit zu sagen: „WIR ZAHLEN EURE KRISE NICHT!“ Denn auch vor Wiedereinsetzen der „Schwarzen Null“-Enteignung von öffentlichen Geldern ist jetzt die Zeit zu sagen: dies ist UNSERE Demokratie! Hier bestimmen ab jetzt die Bürger*innen mit, wie die Gelder, die sie selbst erarbeitet haben nicht mehr unerreichbar in den Händen weniger verschwinden und dem Gemeinwohl entzogen werden. Hier bestimmen ab jetzt die Menschen mit, ob der Staat die absurde Politik der Aushungerung der Kommunen und der Verarmung weiterer Teile der Gesellschaft im Auftrag der Kapitaleigner weiter betreiben kann.

Mädge will mit Gewalt dieses üble Spiel vorantreiben: die Kommunen sind arm, deshalb müsst ihr auch noch ärmer werden! Statt dass die 2.000 Arbeitgeber im VKA den Druck auf die Bundesregierung erhöhen und die dünne Ausschüttung von 11,7 Milliarden aus dem gewaltigen Corona-Rettungspaket auf mindestens 50 Milliarden aufstocken lassen, treten sie nach unten! Die Erfüllung der Forderungen von 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind für maximal 4,7 Milliarden € zu haben! Das Geld dafür steht ohne Nachteile zur Verfügung! Wir LINKE fordern: Ändert die Regeln, die ohne basisdemokratische Teilhabe festgelegt haben, dass die Kommunen ausgehungert werden! Vorschläge dazu liegen genug vor. Was noch fehlt, sind alle Menschen, die an einem neuen großen Projekt gelebter Demokratie teilhaben wollen. Lasst uns neue Strukturen der Mitbestimmung von unten schaffen. Lasst uns den Streik der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst mit dem neuen Bewusstsein unterstützen, dass ihr Kampf auch der unsere ist!

Weitere Infos zur Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst https://unverzichtbar.verdi.de/ und https://unverzichtbar.verdi.de/fotopetition